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Klimawandel und Gletscher in Island

Im Verlauf der Erdgeschichte unterlag die Vergletscherung Islands großen Schwankungen. Während der Eiszeit war praktisch die gesamte Insel von Gletschereis bedeckt, nach dem Ende der Eiszeit verschwand die Eisdecke fast vollständig. Die heutigen Gletscher bedecken etwa 10% der Landfläche Islands, sie sind nach der ausgeprägten Wärmeperiode am Ende der letzten Eiszeit erst in den letzten Jahrtausenden wieder neu entstanden. Als temperierte Gletscher sind die Eismassen in Island höchst dynamisch und reagieren stark auf Änderungen des Klimas. Erstaunlicherweise gibt es nur vergleichsweise wenige Untersuchungen zur Entwicklung der isländischen Gletscher in den vergangenen Jahrzehnten.

Fläche isländischer Gletscher

In der folgenden Tabelle sind die Flächen (in Quadratkilometern) der größeren isländischen Gletscher im Vergleich der Jahre 1958 und 2000 dargestellt. Bei allen Gletschern ist ein mehr oder weniger deutlicher Rückgang der Ausdehnung zu verzeichnen. (Quelle: notendur.hi.is/oi/icelandic_glaciers.htm)

Gletscher Fläche 1958 Fläche 2000 Differenz
Vatnajökull 8.538 8.160 -378 / -4,4%
Langjökull 1.022 950 -72 / -7,0%
Hofsjökull 966 925 -41 / -4,2%
Mýrdalsjökull 701 590 -111 / -15,8%
Drangajökull 199 160 -39 / -19,6%
Eyjafjallajökull 107 77 -30 / -28,0%
Tungnafellsjökull 50 48 -2 / -4,0%
Þórisjökull 33 32 -1 / -3,0%
Þrándarjökull 27 22 -5 / -18,5%
Tindfjallajökull 27 19 -8 / -29,6%
Summe 11.670 10.983 -687 / -5,9%

Sólheimajökull

In seiner Magisterarbeit "Late Holocene Glacial History of Sólheimajökull, Southern Iceland" (Faculty of Earth Sciences, School of Engineering and Natural Sciences, University of Iceland, Reykjavík, Januar 2011) untersuchte Bjarki Friis die Dynamik des Gletschers Sólheimajökull im Süden Islands. Der Sólheimejökull ist ein Außlassgletscher des Myrdalsjökull und reicht tief in die Ebene hinab (ca. 100m ünN). Bis zum Jahr 1931 konnte das Vorrücken und Schrumpfen des Gletschers rekonstruiert werden, die folgende Grafik stammt aus der Magisterarbeit von B. Friis. Für die Jahre 1969 bis 1995 ist deutlich eine Phase des Wachstums der Gleterscherzunge erkennbar, sie fällt zusammen mit einer Phase kühleren Klimas in Island, die 1995 zu Ende ging. Der Gletscher reagiert dabei mit einer zeitlichen Verzögerung auf Klimaänderungen, da sein Vorrücken bzw. Schrumpfen von den Verhältnissen im Nährgebiet in den Hochlagen des Myrdalsjökull bestimmt wird und es bis zu einigen Jahren dauern kann, bis sich Änderungen in den Außlassgletschern bemerkbar machen.

Vorstoß und Rückzug des Sólheimejökull von 1931 bis 2010.
Vorstoß und Rückzug des Sólheimejökull von 1931 bis 2010.

Für frühere Zeiten sind keine genauen Daten verfügbar, Friis konnte aber aus verschiedenen Quellen folgende Daten zusammenstellen:

Jahr Ausdehnung
vor 1705 Vorrücken
1705 gleiche Ausdehnung wie 1904
1783 deutlich kleinere Ausdehnung als 1705
1794 etwa gleiche Ausdehnung wie 1705
1820 mindestens gleiche Ausdehnung wie 1705
1820-1860 Stagnation
1860-1883 Rückzug
1883-1893 Stagnation
1893-1969 Rückzug
1969-1995 Vorrücken
1996-2010 Rückzug

Massenbilanz von Gletschern

Die Betrachtung der Gletscherfläche lässt vielleicht den Eindruck entstehen, die Gletscher würden aufgrund des Klimawandels mehr oder weniger deutlich schrumpfen. Mindestens so interessant wie die Frage nach der Änderung der Fläche ist aber auch die Frage nach der Massenbilanz. Wird ein in der Fläche schrumpfender Gletscher nämlich auf der verbleibenden Fläche dicker, kann es durchaus zu einem Zuwachs der Eismasse kommen.
In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1997 geht Julian A. Dowdeswell (J. Dowdeswell et al., The Mass Balance of Circum-Arctic Glaciers and Recent Climate Change, Quaternary Research Vol 48, 1997, Seiten 1 - 14) auf die Massenbilanz verschiedener Gletscher auf der Nordhalbkugel ein. Für Island stand Datenmaterial ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre für den Hofsjökull und den Tungnaajökull zur Verfügung. Die Daten zeigen eine tendenzielle Massenzunahme. Dies steht in Übereinstimmung mit einem meßbaren Vorrücken verschiedener Auslassgletscher wie dem Sólheimajökull.
Isländische Gletscher zeigen allerdings eine große Variationsbreite in der jährlichen Massenbilanz. Während z.B. der Langjökull in einem Gebiet mit relativ geringen Niederschlagsmengen liegt und deshalb auch nur geringe jährliche Schwankungen zeigt, sind beim Myrdalsjökull sowohl die Niederschlagsmengen, als auch die jährlichen Schwankungen deutlich größer. Darauf hat Sverrir Guðmundsson in einem Kongressbeitrag (SPIRIT Workshop 2010, Toulouse) ausdrücklich hingewiesen. Er wertete u.a. Daten aus GPS-Höhenprofilen und direkten Messungen an Meßstangen auf verschiedenen Gletschern aus, um deren Massenbilanzen zu analysieren. Die Daten umfassen den Zeitraum von 1987 bis 2007. Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild:

Gletscher Massenbilanz pro Jahr
Langjökull 1986 - 1997: - 0,2%
1997 - 2004: - 1,3%
Hofsjökull 1987 - 1995: - 0,4%
1995 - 2008: - 1,0%
Eyjafjallajökull 1984 - 1998: + 0,2%
1998 - 2004: - 1,5%
Myrdalsjökull 1999 - 2006: - 1,0%
Vatnajökull 1995 - 2008: - 0,7%