Alles, was Sie schon immer über Island wissen wollten
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Wasserstoff - Testfeld Island
Im Oktober 2003 wurden in Reykjavik die ersten Brennstoffzellen-Busse in Dienst gestellt. Sie nutzen Wasserstoff, aus dem mit Hilfe der Brennstoffzellen Strom für den Elektroantrieb gewonnen wird, als Energieträger. Am isländischen ECTOS-Projekt (Ecological City Transport System) beteiligten sich neben Daimler-Crysler auch die Firmen Norsk Hydro und Shell. In den Versuchen sollten praktische Erfahrungen beim Umgang mit Wasserstoff im Straßenverkehr gesammelt werden. Zu diesem Zweck wurde auch die weltweit erste öffentliche Wasserstofftankstelle eingerichtet, sie war bis 2013 in Betrieb. Ab 2005 wurden etwa 30 Wasserstoffbusse in Reykjavik eingesetzt, in den folgenden Jahren rollten die ersten Wasserstoffautos durch die Stadt.
Langfristig sollte der Weg in die emissionsfreie Wasserstoffwirtschaft führen, dieses Ziel war für das Jahr 2050 angepeilt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten alleine für den isländischen Bedarf pro Jahr über 80.000 Tonnen Wasserstoff erzeugt werden, der Strombedarf des Landes würde im Vergleich zu 2003 um 50% steigen. Island ist allerdings ein ideales Testfeld für die Erprobung der Wasserstofftechnologie, denn insgesamt würden sechs Tankstellen ausreichen, um die gesamte Ringstrasse um die Insel zu versorgen. Außerdem könnte der zur Wasserstofferzeugung benötigte Strom komplett aus den regenerativen Energiequellen Wasserkraft und Erdwärme gewonnen werden.
Das Projekt wurde inzwischen eingestellt und man konzentriert sich auf Alternativen wie im Land erzeugtes Methan und Biodiesel.
Wasserstoff - der pure Luxus?
Eine Technik, die in Island funktionieren könnte, muss andernorts nicht zwangsläufig ebenfalls erfolgreich sein. Die Auguren werden trotzdem nicht müde, dem Wasserstoff als Energieträger eine goldene Zukunft vorherzusagen und die Wasserstofflobbyisten sind in den Medien gerne gesehene Gäste. Bei genauerer Betrachtung des Themas ergeben sich aber einige Fragen, die wir hier einmal aufgreifen möchten, um die Wasserstoffeuphorie kritisch zu hinterfragen.
Es ist zweifelsohne richtig, dass Wasserstoff praktisch schadstoffrei verbrennt und als einziges Abfallprodukt Wasser übrig bleibt. Dies gilt sowohl für die heiße Verbrennung in Motoren, als auch für die kalte Verbrennung z.B. in Brennstoffzellen. Würde man also Wasserstoff als Treibstoff für Autos und zum Beheizen von Gebäuden verwenden, wäre dies durchaus im Sinne einer Verminderung des Kohlendioxidausstosses und könnte erheblich dazu beitragen, den Treibhauseffekt zu stoppen. Da Wasserstoff auch das häufigste Element im Universum ist, sollte man annehmen, dass er niemals knapp wird. Und selbst die technischen Herausforderungen bei der Verwendung von Wasserstoff als Energieträger sind lösbar. Was also sollte gegen die Verwendung von Wasserstoff als Energieträger der Zukunft sprechen?
Hier ist zunächst einmal anzumerken, dass Wasserstoff auf der Erde nur in sehr geringer Menge als Wasserstoffgas (H2) vorkommt, in der Regel liegt er in chemisch gebundener Form, z.B. als Wasser (H2O) vor. Um Wasserstoff als Energieträger verwenden zu können, muss er folglich zunächst aus den chemischen Verbindungen gelöst werden und dieser Prozess erfordert mindestens die Energiemenge, die später bei der Verbrennung des Wasserstoffs wieder frei wird. Wasserstoff ist also im Gegensatz zu Erdöl, Erdgas, Kohle, Uran, Wasserkraft und Erdwärme kein Primärenergieträger, sondern lediglich eine Möglichkeit, Energie zu speichern.
Die Welt-Jahresproduktion für frei am Markt verfügbaren Wasserstoff betrug im Jahr 2003 rund 600 Millionen Kubikmeter - dies entspricht gerade einmal dem Energiegehalt von etwa 2.000 Tonnen Benzin! Der größte Teil davon wird derzeit noch durch Aufspaltung von Erdgas gewonnen, dabei wird in erheblichen Mengen klimaschädliches CO2 freigesetzt. Eine Alternative wäre die thermische Spaltung von Wasser in Hochtemperatur-Kernreaktoren - zumindest in Deutschland ist diese Alternative politisch aber nicht durchsetzbar. Auch der Produktion von Wasserstoff aus Biomasse wird wegen der geringen Menge verfügbarer Biomasse nur ein Nischendasein vergönnt sein. Bleibt als einzige realistische Alternative, den Wasserstoff durch elektrolytische Spaltung von Wasser mit Hilfe von Strom zu gewinnen. Der dazu erforderliche Strom sollte natürlich aus regenerativen Quellen und nicht aus Kohle- oder Gaskraftwerken stammen. Derzeit (2018) stammt in Deutschland lediglich ein Anteil von 38% aus regenerierbaren Quellen.
Der Strom muss zur Produktion von Wasserstoff zunächst von Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt werden. Dabei treten Verluste von ca. 7% auf. Bei der elektrolytischen Herstellung gasförmigen Wasserstoffs mit Hilfe des Gleichstroms liegt der Wirkungsgrad bei ca. 65%. Um den Wasserstoff transportfähig zu machen, muss er unter Einsatz von weiterer Energie verflüssigt werden, dann unter erneutem Einsatz von Energie zum Verbraucher transportiert werden. Wird aus dem Wasserstoff dann z.B. mit Hilfe von Brennstoffzellen in Fahrzeugen wieder Strom gewonnen, kommt es zu weiteren Verlusten. Insgesamt gesehen gehen 75% der ursprünglich vorhandenen Energie verloren, die Stromausbeute über die Zwischenstufe Wasserstoff liegt bei gerade einmal 25%. Wird der Strom ohne die Zwischenstufe Wasserstoff ins Netz eingespeist und an der Steckdose genutzt, liegt der Verlust nur bei 10%. Die Begründung einer Wasserstoffwirtschaft auf dieser Basis wäre also nicht nur volkswirtschaftlicher Unsinn, sondern eine Energieverschwendung nie dagewesenen Ausmaßes!
Ein gangbarer Weg wäre vielleicht die Synthese von Kohlenwasserstoffen aus Wasserstoff und nachwachsenden Kohlenstoffquellen (Biomasse). Kohlenwasserstoffe haben bei vergleichbarem Volumen nicht nur eine wesentlich höhere Energiedichte, als Wasserstoff, sondern auch die Energieverluste wären deutlich geringer.
Ulf Bossel, Baldur Eliasson und Gordon Taylor haben im Jahr 2003 eine umfassende wissenschaftliche Darstellung zur Thematik veröffentlicht. Wir stellen Sie hier als PDF-Datei zum Download zur Verfügung, weitere Informationen sind unter www.efcf.com zu finden.