Alles, was Sie schon immer über Island wissen wollten
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Landwirtschaft in Island
Island war bis in das 20. Jahrhundert ein landwirtschaftlich geprägtes Land. Bei einer Volkszählung im Jahr 1703 waren 69% der Bevölkerung ausschließlich in der Landwirtschaft tätig, 30% betrieben neben der Landwirtschaft noch Fischerei. Zu dieser Zeit waren also rund 99% der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte dann der Übergang zur Hochseefischerei. Die Landbevölkerung fand hier neue Arbeitsplätze und so waren 1901 nur noch 50% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Der Trend hat bis heute angehalten und zur Zeit sind etwa 1,9% der isländischen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig (Stand 2018).
Die Produktivität der Landwirtschaft unter arktischen Bedingungen konnte in den letzten Jahrzehnten durch den Einsatz von Düngemitteln und ertragreichen Grassorten erheblich gesteigert werden. So wurde auch die Haltung von Kühen möglich und Island ist inzwischen bei Milchprodukten Selbstversorger. Diesbezüglich gibt es auch wieder ein Rekord zu vermelden. Mit einem Milchverbrauch von 189 Litern pro Jahr und pro Kopf steht Island an der Weltspitze.
Von der Landfläche Islands (103.000 Quadratkilometer) werden 19,5% als Weideland genutzt, nur 1% ist kultiviertes Land. Neben Kartoffeln (8.000 - 10.000 Tonnen) wird seit einigen Jahren auch wieder Getreide (10.000 - 15.000 Tonnen) angebaut. Roggen und Gerste reift allerdings meist nicht richtig aus und wird vor allem als Viehfutter angebaut.
In Island gibt es zur Zeit etwa 4.000 landwirtschaftliche Betriebe mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 3.000 ha. Davon ist allerdings nur eine Fläche von 30 ha kultiviertes Ackerland. Die Betriebe leben überwiegend von der Schafzucht und Rinderhaltung. Während des Sommers laufen die Schafe auf den Weideflächen frei umher. Im Herbst werden sie im alljährlichen Roundup zusammengetrieben und auf die einzelnen Bauernhöfe verteilt. Die rund 460.000 Mutterschafe (Stand 2018) verbringen den Winter in Ställen oder auf Weideflächen in Hofnähe, die Lämmer werden im Herbst zum größten Teil geschlachtet und sichern die Versorgung des Landes mit Fleisch. Ein Lamm bringt dem Landwirt etwa 40 EUR ein. Die Zeit des Schafabtriebs von den Hochweiden ist für die Landwirte neben der Lämmergeburt im Frühjahr und der Heuernte eine der arbeitsintensivsten Zeiten des Jahres.
Die Schafe sind auch für eines der großen Probleme Islands mit verantwortlich. Durch die ständige Beweidung traten im Laufe der Jahrhunderte Vegetationsschäden auf, die verstärkte Erosion nach sich zogen. Vor der Besiedlung waren immerhin rund 2/3 der Landesfläche von Vegetation bedeckt. Seit Beginn des Jahrhunderts werden Gegenmaßnahmen ergriffen. Besonders gefährdete Gebiete wurden unter Schutz gestellt. Daneben wird versucht, durch Aussaat widerstandsfähiger Pflanzen (z.B. Strandhafer) und Anpflanzung von Hecken und Bäumen der Erosion Einhalt zu gebieten. Dies ist z.B. an der Südküste östlich von Vik oder in den bewirtschafteten Gebieten der südwestlichen Tiefebene zu beobachten. Neben den Schafen gibt es rund 81.000 Rinder, 65.000 Islandpferde, 3.600 Schweine und 220.000 Legehennen (Zahlen Stand 2018). Pferde kommen vor allem während des Schafabtriebs zum Einsatz, daneben erfreut sich der Reitsport bei Einheimischen und Touristen größter Beliebtheit.
In den letzten Jahren wurden viele Bauernhöfe von ihren Besitzern umgebaut und bieten jetzt Gästen moderne Unterkünfte zu angemessenen Preisen. Urlaub auf dem Bauernhof entwickelt sich in Island zu einer wichtigen Einkommensquelle für landwirtschaftliche Betriebe.
Bauernhöfen in Küstennähe steht noch eine weitere Einkommensquelle zur Verfügung. An vielen Stellen brüten Eiderenten in großen Kolonien. Sie polstern ihre Nester mit weichen Eiderdaunen. Ein Teil der Daunen wird von den Grundbesitzern entnommen. Dieser Verlust kann von den Enten problemlos ergänzt werden. Die Daunen werden gereinigt und zur Füllung von Betten und Jacken verwendet. Ein Kilo gereinigter Daunen bringt einen Erlös von 600 bis 700 US-Dollar. Als Gegenleistung beschützen die Bauern übrigens die Kolonien der Eiderenten während der Brutzeit vor Nesträubern wie dem Polarfuchs.
In geothermal aktiven Gebieten des Landes werden in Gewächshäusern Zierpflanzen und Gemüse angebaut. Die Energie zum Beheizen der Gewächshäuser liefern die heißen Quellen. Die größte zusammenhängende Gewächshausfläche liegt im Südwesten Islands, in der Gewächshausstadt Hveragerði. Etwa 40.000 Quadratmeter sind hier unter Glas, insgesamt gibt es auf Island ca. 200.000 Quadratmeter Gewächshausfläche.
Die Landbevölkerung lebte bis in unser Jahrhundert meistens in den typischen Torfhäusern. Der isländische Nobelpreisträger Halldor Laxness hat das Landleben in seinem Roman "Sein eigener Herr" beschrieben. Kinderarbeit war selbstverständlich. Die Situation besserte sich Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1882 wurde die erste Kooperative gegründet, um die Bauern unabhängig von den dänischen Kaufleuten zu machen. Bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Kooperative zu einem Großunternehmen mit einer eigenen Bank, einer Reederei und einer Versicherung. Nach einem drohenden Konkurs wurde der Konzern 1991 in einzelne GmbH aufgelöst.