Alles, was Sie schon immer über Island wissen wollten
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Siglufjörður und der Heringsboom
Ohne den Hering hätte sich Island wahrscheinlich nicht zu einer modernen Gesellschaft entwickeln können. Der große Heringsboom begann um das Jahr 1870. Norweger kamen nach Island und nutzten riesige landgestützte Netze in den Ostfjorden. Norwegische Schiffseigner konnten sich bald Grundstücke leisten und bauten Häuser und Schiffsanleger. Eine Kälteperiode ab 1883 mit Packeis und kalten Wintern bereitete den Aktivitäten der Norweger aber vorerst ein jähes Ende.
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kehrten sie zurück nach Island. Die riesige norwegische Flotte war ein faszinierender Anblick für die Isländer. Die Norweger fingen in den Gewässern vor Nordisland mit Treibnetzen Fisch. Auch Ringwadennetze kamen höchst erfolgreich zum Einsatz. Neue Heringsstädte wurden gegründet und viele Isländer fanden Arbeit bei der Heringsverarbeitung für Norweger.
Auch einige Isländer stiegen als Unternehmer in das große Geschäft ein. Die norwegische Dominanz in der Branche ging zurück und 1916 übertrafen die von Isländern verarbeiteten Fässer erstmals die von Norwegern verarbeitete Menge. Maschinengetriebene Schiffe und eine effiziente Ausrüstung ermöglichten Heringsfischerei im großen Maßstab.
Salzhering entwickelte sich vor allem während der beiden Weltkriege zu einem wichtigen Lebensmittel. Neben den skandinavischen Ländern waren Deutschland sowie Russland und die USA die wichtigsten Märkte. Auch Fischöl und Fischmehl wurden in großem Maßstab aus Hering hergestellt.
In manchen Jahren machten Heringsprodukte fast die Hälfte der isländischen Exporterlöse aus. Allerdings mussten die Isländer feststellen dass Hering keine unerschöpfliche Resource ist. Der intensive Fang führte zur Überfischung und die Fangmengen fielen Mitte des 20. Jahrhunderts vorübergehend deutlich geringer aus. Dann stieg die Fangmenge wieder und die Heringstädte entlang der Küste erlebten noch einmal eine kurze Blütezeit.
Im Jahr 1969 blieben die Heringsschwärme plötzlich wieder aus und das Heringsabenteuer war endgültig vorbei.
In keiner anderen Stadt war der Einfluss des Herings mehr zu spüren als in Siglufjörður. Innerhalb von nur vierzig Jahren entstand eine Stadt mit mehr als dreitausend Einwohnern. Das gesamte Leben drehte sich um den Hering und seine Verarbeitung. In 23 Fabriken wurde Salzhering produziert und fünf Fabriken erzeugten Fischmehl und Fischöl. Siglufjörður entwickelte sich auch zu einem der wichtigsten Häfen Islands.
Im Verlauf des Heringsbooms herrschte in der Stadt eine Art Goldrausch. Siglufjörður wurde sogar als "Atlantic Klondike" bezeichnet. Bei schlechtem Wetter lag eine riesige Flotte von hunderten Schiffen im geschützten Fjord. Heute hat die Stadt noch rund 1300 Einwohner und nur das Heringmuseum erinnert noch an die goldenen Zeiten.
Der Tourismus hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen und dir Einwohnerzahl hat sich stabilisiert.