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Alles, was Sie schon immer über Island wissen wollten

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Der Gletscher Vatnajökull

Mehr als 11% der Landfläche Islands sind von Gletschern bedeckt. Fünf größere und zahlreiche kleine Eiskappen sind mit einer Gesamtfläche von etwa 11.800 Quadratkilometern ein landschaftsprägendes Element. Während der Eiszeit war Island fast vollständig von Eis bedeckt. Am Ende der Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren lies das abschmelzende Eis im Hochland eine Sand- und Kieswüste zurück.
Auf Island sind heute alle wichtigen Gletscherformen zu finden. Mit 8.300 Quadratkilometern ist der Vatnajökull der drittgrößte Plateaugletscher der Erde, er wird nur vom Indlandeis Grönlands und der Antartkis übertroffen. Plateaugletscher sind flach gewölbte Eisschilde, die von einzelnen Bergspitzen, den Nunataks, überragt werden. Auch der Langjökull (953 Quadratkilometer), der Hofsjökull (925 Quadratkilometer), der Mýrdalsjökull (596 Quadratkilometer) und der Drangajökull (160 Quadratkilometer) sind typische Plateaugletscher. Neben den Plateaugletschern gibt es auch hunderte von Kar-, Hang- und Talgletschern. So findet man z.B. alleine auf der Halbinsel Tröllaskagi in Nordisland etwa 115 Kargletscher.

Gletschergebiete auf Island.
Die großen Gletschergebiete auf Island.

Gletscher werden in ein Nährgebiet und in ein Zehrgebiet unterteilt. Im Nährgebiet fällt im Jahresmittel mehr Schnee, als abtaut, im Zehrgebiet liegen die Verhältnisse umgekehrt. Am Südrand des Vatnajökull verläuft die Grenze zwischen Nähr- und Zehrgebiet auf etwa 1.000 m Höhe, am Nordrand des Gletschers auf 1.300 m Höhe und im Bereich der Missetäterwüste nördlich des Gletschers auf etwa 1.700 m Höhe.
Frischer Schnee besteht aus stark verzweigten Kristallen. Eine Neuschneedecke enthält deshalb meist sehr viel Luft. Älterer Schnee enthält kaum noch verzweigte Kristalle und wandelt sich im Laufe der Zeit in Firneis um. Ab einer Dicke von 20 bis 30 Metern wandelt sich das Firneis in Gletschereis um. Es enthält kaum noch Luft, die Eiskristalle haben einen Durchmesser von ca. 1 cm. Ab einer Dicke von 30 bis 50 Metern beginnt das Gletschereis zu fließen. Durch den hohen Eisdruck wandelt sich ständig Eis in Wasser um und gefriert wieder. Diese plastische Masse paßt sich Geländeunebenheiten an und beginnt, langsam bergab zu fließen.

Eisberge auf dem Gletschersee Jökulsárlón.
Eisberge auf dem Gletschersee Jökulsárlón.

Die Geschwindigkeit des Eises liegt bei einem halben bis einem Meter pro Tag. Sie ist unter anderem vom Untergrund und von der Niederschlagsmenge im Nährgebiet abhängig. Am Südrand des Vatnajökull fallen z.T. bis zu 4.000 mm Niederschlag pro Jahr, während es am Nordrand nur etwa 400 mm sind. Dementsprechend ist die Fließgeschwindigkeit im Süden größer als im Norden. Gelegentlich kommt es auch zu schnellen Gletschervorstößen, die Fließgeschwindigkeit erhöht sich dann beträchtlich. So stieß in den Jahren 1963/1964 der Brúarjökull um mehr als 8km vor.
Aus dem Verlauf der Gletscherspalten kann man Rückschlüsse auf den Untergrund ziehen. Über Geländeunebenheiten bilden sich Spalten, die quer zur Bewegungsrichtung verlaufen. Sie sind bis zu 20 m tief. Am Ende von Gletscherzungen verbreitert sich der Eisstrom meistens, es entstehen Längsspalten. In der Mitte einer Gletscherzunge ist die Fließgeschwindigkeit in der Regel etwas höher als am Rand, wo das Eis vom Felsuntergrund gebremst wird. In der Übergangszone zwischen schnellem und langsamen Eis bilden sich Randspalten.

Der Svínafellsjökull, eine Gletscherzunge des Vatnajökull.
Der Svínafellsjökull, eine Gletscherzunge des Vatnajökull.

Gletscher transportieren neben Eis auch große Mengen Geröll. Pro Jahr wird der Untergrund durch das fließende Eis um 1 bis 5 mm abgeschliffen. Dies ist nicht verwunderlich, übt doch eine 1.000 m dicke Eisschicht einen Druck von 90 kg pro Quadratzentimeter auf den Untergrund aus. Am Ende der Gletscherzungen schmilzt das Eis ab und das transportierte Geröll bleibt zurück. Die aufliegende Schuttschicht wirkt bei Sonnenschein wie eine Heizung und beschleunigt das Abschmelzen. Erreicht die Schuttschicht eine gewissen Dicke, wirkt sie allerdings als Isolierung. Am Ende der Gletscherzungen bilden sich schließlich Endmoränen aus angehäuftem Schutt. Wenn sich eine Gletscherzunge zurückzieht, bleiben oft auch vom Gletscher getrennte, schuttbedeckte Eisreste, sogenannte Toteiskessel, zurück.

Gletscherläufe

Unter vielen Gletschern Islands liegen aktive Vulkane. Bei Ausbrüchen der Vulkane bilden sich unter dem Gletschereis zunächst gewaltige Schmelzwasserseen. Wenn sich genug Wasser angesammelt hat, hebt sich das Eis langsam und gibt den Weg für das Wasser frei. Es kommt zu gewaltigen Flutwellen, die Eis- und Felsblöcke von mehr als 1.000 Tonnen mitreisen können. Diese als Gletscherläufe bezeichneten Flutwellen haben in den letzten Jahrtausenden an der Südküste die riesigen Sanderflächen aufgeschüttet und ehemalige Inseln (z.B. Dyrhólaey) ans Festland angeschlossen. Die Sanderflächen waren beim Bau der Ringstraße eines der größten Probleme. Im Bereich des Skeiðarásandur wurde im Jahr 1974 die letzte Lücke in der Ringstraße mit einer über 1.000 m langen Brücke geschlossen.
Der letzte große Gletscherlauf im Gebiet des Vatnajökull fande im November 1996 statt. Unter dem westlichen Vatnajökull war am 29. September der Vulkan Bardarbunga ausgebrochen. Das Schmelzwasser sammelte sich zunächst in der Grímsvötn-Caldera. Am 5. November begann das aufgestaute Wasser abzufließen. Als die Flutwelle ihren Höhepunkt erreicht hatte, flossen 45.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ab. Die Flutwelle zerstörte einige kleinere Brücken, die große Skeiðarábrücke wurde beschädigt und etwa 10km Straße wurden weggeschwemmt. Auch einige Strom- und Telefonleitungen wurden zerstört. Der Sachschaden belief sich auf ca. 10 bis 15 Millionen US-Dollar.

Der Gletschersee Jökulsárlón

Direkt an der Ringstraße befindet sich der Gletschersee Jökulsárlón. Die Gletscherzunge Breiðamerkurjökull reichte im Jahr 1890 noch bis 250 m an die Küste heran. In den letzten 100 Jahren hat sich die Gletscherzunge um über 2 km zurückgezogen und dabei den Gletschersee zurückgelassen. Er erreicht eine Tiefe von bis zu 200 m. Vom Ende der Gletscherzunge brechen ständig Eisberge ab, die auf dem See umhertreiben. Frisch abgebrochene Eisblöcke sind leuchtend blau. Das Eis ist praktisch frei von Luftblasen und reflektiert den blauen Anteil des Lichts. Nach einigen Tagen dringt Luft ins Eis ein und der gesamte Spektralbereich des sichtbaren Lichtes wird reflektiert. Das Eis wird weiß.
Im Sommer werden Bootsfahrten auf dem Gletschersee angeboten. Je nach Witterung geht es zwischen den Eisbergen hindurch oder an den Eisbergen entlang. Wegen der Besuchermassen sollte man allerdings einige Wartezeit einkalkulieren.

Der Gletschersee Jökulsárlón.
Der Gletschersee Jökulsárlón.